Die Kunden in der Warteschlange an der Supermarktkasse erlebten eine willkommene Abwechslung. Die Klänge der bekannten Melodie „Pippi Langstrumpf“ nutzten die meisten Wartenden zum spontanen Mitsingen; selbst die Kassiererin summte amüsiert mit. Nachdem eine Kundin den Anruf auf ihrem Handy entgegen nahm, verstummte mit dem Pippi-Langstrumpf-Klingelton auch langsam der gemeinsame Gesang. Dieses Beispiel, was übrigens tatsächlich so passiert ist, veranschaulicht recht gut einen wichtigen Aspekt der musikalischen Wirklichkeit: Klänge sind keine auditiven Einbahnstraßen.


Wahrnehmung basiert immer auf Entscheidungen. Musikalische Wirklichkeit ist eine Folge der Entscheidungen zwischen Geräusch (Fenster zur Umwelt), Sprache (Fenster zu Anderen) und Musik (Fenster zum kulturellen Selbst). Außer diesen Funktionen erster Ordnung gibt es natürlich Ausnahmen oder Grenzfälle von Funktionen zweiter Ordnung, wenn etwa eine musikalische Melodie als Umweltinformation fungiert (Klingelton, Jagdhorn, Martinshorn usw.).

 

Alles Klangliche ist potentielle Musik. Ob etwas Musik sein soll, heißt allerdings noch lange nicht, dass daraus wirklich Musik wird. Der Ort der Entscheidung zwischen Musik und Nicht-Musik ist in der Musikalischen Wirklichkeit die Subjektebene. Erst wenn wir in Musik denken, ist es „Musik“ im eigentlichen Sinne.

 

Das Denken in Musik betont gegenüber dem eher passiven Musikerleben den aktiven Konstruktionsprozess auf der Subjektebene. Musik als eine Funktionsdominanz gegenüber Geräusch und Sprache entsteht in einem komplexen Zusammenspiel aus gedächtnisbasierten Erwartungen und gefühlsmäßigen Bewertungen in der Wahrnehmung einer musikbezogenen Situation. Bekanntes erleichtert die Bewertung. Wir lieben, was wir kennen.

 

Der Schülerorientierte Musikunterricht hat die Interessen der Schüler*innen und die Mitbestimmung am Unterricht im Blick. Dem stimmen wir grundsätzlich zu. Der Subjektorientierte Musikunterricht geht jedoch noch einen Schritt weiter. Subjektorientierter Musikunterricht meint die Schüler*innen in ihrem Denken in Musik.